Tauben
in Braunschweig
Aufgrund
zahlreicher Beschwerden musste man sich Gedanken über die Dezimierung
der Tiere machen. Vor ca. 30 Jahren führte man in Braunschweig eine
Vergiftungsaktion mit Blausäure durch, nach der sich der Bestand
jedoch zu schnell wieder erholte und man diese Methode als erfolglos
einstellte.
Später wurden zur genauen Bestandskontrolle Taubenschläge in städtischen
Gebäuden errichtet, die jedoch nach wenigen Jahren aufgrund von
Sanierungsarbeiten wieder entfernt wurden.
1977
wurden in Zusammenarbeit von Stadt und Tierschutz Maßnahmen zur
Verminderung gestartet. Ein fruchtbarkeitshemmendes Mittel wurde
bis 1988 verfüttert, das aber auf Weisung des Bundesgesundheitsamtes
wegen der Nebenwirkungen 1989 wieder vom Markt genommen wurde.
Taubenschläge
Der
Vorschlag des Tierschutzes an die Stadt, Taubenhäuser zu errichten,
wurde mit der Begründung, den historischen Charakter städtischer
Parkanlagen zu stören, abgelehnt. Später entstand die Idee, zwei
Taubenschläge in privaten Gebäuden aufzustellen und zusätzlich einen
Taubenturm an einem öffentlichen Platz zu errichten. Für die Betreuung
stellte sich der Tierschutz Braunschweig zur Verfügung, lediglich
die Finanzierung sollte durch die Stadt erfolgen.
Diesem
Vorschlag stimmte man bei der Stadtverwaltung zu, und so begannen
die Arbeiten für einen Taubenschlag im Baudenkmal Wilke-Werke an
der Frankfurter Straße, wobei gleichzeitig ein zweiter im Parkhaus
an der Wilhelmstraße in Planung war.
Nachdem
der Taubenschlag errichtet war, nahm jedoch die Geschäftsleitung
der Wilke-Werke 1992 ihre Nutzungsgenehmigung zurück. Der Taubenschlag
in der Wilhelmstraße wurde nicht gebaut, und lediglich ein Taubenturm
an der Straße Am Schloßgarten wurde errichtet. Doch dieser konnte
schon durch seine unpraktische Bauart nicht den gewünschten Erfolg
bringen.
Alternativen
gesucht...
Der
Tierschutz nahm Stellung zur Situation und erklärte, dass unter
den vorliegenden Bedingungen nur ein fruchtbarkeitshemmendes Mittel
den gewünschten Erfolg bringen könnte. Man müsste hierzu die unkontrollierte
Fütterung der Tauben einstellen und das Mittel gezielt an die Tauben
verfüttern.
Doch das benötigte Taubenregulans war nicht verfügbar. Die
Stadtverwaltung und der Tierschutz zogen Erkundigungen ein, ob irgendwo
ein fruchtbarkeitshemmendes Mittel zur tierschutzgerechten Regulierung
der Stadttauben auf dem Markt war. Doch die Suche blieb erfolglos.
Taubenfütterungsverbot
in Braunschweig
Trotz
der Tatsache, dass man durch eine übermäßige Fütterung der Tauben
deren Bestand noch weiter in die Höhe treiben würde, konnte man
keine Verringerung der Fütterung feststellen. Einige Tierfreunde
streuten täglich kiloweise Weizen aus, damit die Tauben nicht verhungern
mussten. Die Stadtverwaltung hatte in Gesprächen mit den Tierfreunden
bereits um eine langsame Reduzierung der Fütterungen gebeten, doch
leider ohne den erhofften Erfolg.
Somit
ließ die Stadtverwaltung die Verordnung, dass das Füttern der
Tauben im gesamten Stadtgebiet auf öffentlichen Straßen und in öffentlichen
Anlagen verboten sei. Ausgenommen sei das gezielte Füttern einzelner
Tiere.
Diese
Verordnung traf bei Tierfreunden und beim Tierschutz nicht auf Zustimmung.
Die Tauben wurden durch die Fütterungen vom Menschen abhängig, und
ein sofortiger, vollständiger Futterentzug könnte einen Verstoß
gegen das Tierschutzgesetz darstellen. Die Meinung, dass sich die
Tiere bei Futterentzug andere Futterplätze suchen würden, die weiter
entfernt liegen, teilt der Tierschutz nicht.
Tauben sind standorttreu und finden sich immer wieder an ihren Futterplätzen
ein. Vergeblich suchen sie nach Fressbarem, denn nach dem Fütterungsverbot
muss jeder Tierfreund befürchten, von Taubenhassern angezeigt zu
werden.
Der
Tierschutz hatte deshalb vor Jahren vorgeschlagen, die Fütterung
der Tauben zu untersagen, mit der Ausnahme, dass bestimmte Personen
an bestimmten Stellen zu festgelegten Zeiten festgelegte Futtermengen
verfüttern dürfen. So wäre eine gezielte, tierschutzgerechte Fütterung
möglich. Als nächsten Schritt hätte man die Futterplätze langsam
aus dem Innenstadtbereich herausverlegt und die Tiere außerhalb
des Okerumflutgrabens neu angesiedelt. Hier hätten auch Taubenschläge
unterstützende Wirkung gehabt. Verletzte oder kranke Tiere hätte
man besser eingefangen und behandeln können, das Entnehmen der Eier
aus dem Gelege wäre möglich gewesen, und zusätzlich hätte man dort
wiederum ein Taubenregulans einsetzen können.
So
richtig außer Kontrolle geraten ist die Taubendiskussion nun durch
die Verhängung mehrerer Bußgelder gegen Tierfreunde, die Tauben
mit größeren Mengen Futter auf öffentlichen Plätzen gefüttert hatten.
Unterstützt wurde die zum Teil unsachliche Diskussion durch emotionsgeladene,
journalistisch unfachmännische Berichterstattung einiger Medien.
Die
Pille für die Taube - noch nicht eingeführt
Mittlerweile
gibt es ein neues Taubenregulans, welches jedoch vor dem offiziellen
Vertrieb erst in einem so genannten Feldversuch getestet werden
muss. Erst wenn die Ergebnisse dieses Versuches vorliegen und ausgewertet
sind, kann das Mittel die Zulassung zum Medikamentenvertrieb gekommen.
Wird nun dieses Mittel versuchsweise im Stadtgebiet verfüttert,
und gleichzeitig füttern Tierfreunde die Tauben mit Weizen, kann
man nicht kontrollieren bzw. sicherstellen, dass wirklich alle Tauben
Zugang zu diesem Mittel haben.
Die Ergebnisse könnten verfälscht werden, was die Zulassung eventuell
gefährdet. Auch muss man natürlich eine Verzögerung des Zulassungsverfahrens,
welches mehrere Jahre dauert, in jedem Fall vermeiden.
In
Anbetracht der sicheren Durchführung des Feldversuches mag die Vorgehensweise
der Stadt begründet sei, aus tierschützerischer Sicht ist diese
Art der Durchsetzung jedoch eher fragwürdig. Nun findet man zwar
auf den Straßen nicht haufenweise verhungerte Tauben, doch ist es
auch einleuchtend, dass bei einem plötzlichen Einstellung der Fütterung
gerade die schwächeren Tiere noch anfälliger gegen Krankheitserreger
werden und dann qualvoll verenden könnten.
Zu
einer Verbesserung des Stadtbildes führt der Anblick von erkrankten
oder verendeten Tauben mit Sicherheit nicht. Nun kann es nicht Aufgabe
des Tierschutzes sein, die Tierfreunde zur Gegenwehr gegen städtische
Verordnungen anzustiften. Auch
war und ist es nie die Art des Tierschutzes gewesen, in solchen
Situationen emotionslose, unsachliche Diskussionen zu führen.
Vielmehr
ist es die Aufgabe des Tierschutzes, gemeinsam mit der Stadt eine
vernünftige, tierschutzgerechte Lösung des Problems zu erarbeiten
und durchzuführen.
Obiger
Text erschien schon im Dezember 1996 im "Tierschutz Report",
ist aber nach wie vor aktuell. Vielen
Dank an den Autor Jens Wolters für die Erlaubnis, die Bilder
und den Text auf tierdach.de zu veröffentlichen. März
2003, Viola Kaesmacher
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