Sehr geehrte Frau Pachaly,
vielen Dank für Ihre Antwort - auch an
Herrn Teufel - Ihre Antwort ist die einzige Resonanz öffentlicher
Stellen, die ich auf meine zahlreichen Anschreiben erhalten habe.
Ich habe allerdings erhebliche Probleme beim Verständnis Ihrer
Argumentation. Ich kann nicht begreifen, dass man sich auf Studien
bezieht bzw. Studien anstrebt, fordert oder sich darauf verlässt,
die keineswegs für die Ausarbeitung eines Gesetzes dienen kann, da
diese Studien von vornherein nicht die vom Tierschutzgesetz
geforderten Details betreffen.
EpiLeg sowie alle Studien, die mir in
dieser Richtung bekannt sind (korrigieren Sie mich bitte, sollte ich
mich irren, wäre dankbar über weitere Quellen) vermögen in keiner
Weise die Käfighaltung zu rechtfertigen. Sie sagen nämlich lediglich
aus, dass die Haltung von Legehennen, die eigens für die
Käfighaltung gezüchtet und aufgezogen wurden, in alternativen
Haltungsformen bei schlechtem Management nicht optimal untergebracht
sind.
Eine derartige
Relativierungsargumentation sollte den vernünftig denkenden Menschen
eigentlich per se nicht überzeugen können. Hinzu kommt jedoch, dass
sich eine wissenschaftliche Studie, welche zur Konkretisierung eines
Gesetzes herangezogen wird, sich an den Anforderungen des
entsprechenden Gesetzes halten muss! Von den methodischen Mängeln
der "Studie" (Fragebogenaktion) mal ganz zu schweigen.
Ganz deutlich: Entgegen des Gesetzes sollten die Haltungsvorschriften nicht etwa zum Schutz der Tiere konkretisiert werden, sondern zum Schutz der Legebatterien und seiner Lobby gebeugt werden! So geschah es dann auch (und geschieht wieder!). Es gab eine tierverachtende Verordnung und die Batteriebetreiber waren "aus dem Schneider" - weil die Tierquälerei ja jetzt legal war! Deutlich gesagt, hat das BMELF das Gesetz bewusst gebrochen, um die strafrechtliche Verfolgung von Legebatteriebetreibern unmöglich zu machen. Bei einem derartigen Vorgehen von Strafvereitelung zu sprechen ist nicht weit hergeholt, sondern drängt sich geradezu auf. Nun möchte der Bundesrat in teilweise neuer Besetzung, nachdem die Skandale um BSE, MKS und Hühnerpest vergessen sind, den Ausstieg aus dem noch gar nicht begonnen Ausstieg der Käfighaltung und stützt sich argumentativ wiederum auf eine "Studie" und bedient sich letztendlich uralter Argumente, die bereits erfolglos als Rechtfertigung für die alte HHVO herhalten mussten. Wer sich jedoch zur Änderung einer VO eine derartige Basis im Bewusstsein ihrer Unzulänglichkeit zu eigen macht, nimmt billigend in Kauf, die vom TSchG normierte Ermächtigung und die grundgesetzlich verankerte Bindung ans Gesetz zu überschreiten, um die millionenfache Tierquälerei i.S.d. Strafrechts rechtswidrig zu legalisieren. Offensichtlich tat der Umbau des Bundeslandwirtschaftsministeriums ins Verbraucherministerium den Tieren nicht gut. Es kann nicht angehen, dass ein und dasselbe Ministerium - als Förderer der Massentierhaltung konzipiert - für den Tierschutz zuständig ist. Dabei sind Verantwortliche in den Landwirtschaftministerien heute wie damals nicht nur Förderer der Tierquallobby, sondern sogar Teil dieser selbst (z.B. in Niedersachsen). Ihr Satz "könnte ein Verbot konventioneller Käfige sogar noch vor Ende 2006 in Kraft treten."hört sich zwar einerseits gut an - sieht man auf das Datum -, impliziert allerdings andererseits in meinem Verständnis eher die Favorisierung der so genannten "ausgestalteten" Käfige - sonst hätten Sie geschrieben "[...] Verbot konventioneller Legehennenhaltung" oder "konventionell" gar nicht geschrieben. Leider wurde kein Antrag auf namentliche Abstimmung am 28.11.03 gestellt, so dass ich natürlich nicht weiß, wie sich Baden-Würrtemberg tatsächlich verhalten hat. Ihre Abstimmungen am 30.10.03 sprechen jedoch eine deutliche Sprache: leidenschaftslos - nämlich 3xEnthaltung. In Bezug auf "EU-weites Vorgehen" möchte ich mit Unverständnis nur das Stichwort "Schweinverhaltungsordnung" nennen. Ich freue mich, dass Sie sich für für meinen Einsatz für die Belange des Tierschutzes bedanken, fände aber den umgekehrten Weg wesentlich schöner - leider kann ich mich bei Ihnen lediglich für die Beantwortung meiner Post bedanken. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich sehr enttäuscht bin und mein Vertrauen in die Politik rapide gen flatline rast. Mit
dennoch freundlichen Grüßen
www.tierlobby.de
PS: Wesentliche Inhalte dieses Briefes
sind sind gestützt auf den Bericht "EpiLeg - ein politisches
Gutachten". Linktipp:
http://www.tierlobby.de/rubriken/Tiergarten/voegel/huhn10_legehennen_resumee.htm
----- Original Message -----
From: "Pachaly, Luise" <Luise.Pachaly@STM.BWL.DE>
Sent: Monday, December 22, 2003 12:35
PM
Subject: AW: Flehbrief bezüglich
Legehennenverordnung im Bundesrat
Mit freundlichen Grüßen
Luise Pachaly Staatsministerium Baden-Württemberg Referat 15 - Ernährung und Ländlicher Raum Richard-Wagner-Straße 15 70184 Stuttgart Telefon: 0711 / 2153252 Fax: 0711 / 2153433 OUTLOOK-PC-Fax: +497112371932252 eMail: luise.pachaly@stm.bwl.de www.baden-wuerttemberg.de
Aus dem Anhang:
Sehr verehrte Frau Kaesmacher, heute darf ich zurückkommen auf Ihre an Herrn Ministerpräsident Erwin Teufel gerichteten E-Mails vom 10./26.11.2003, in denen Sie vor dem Hintergrund der Bundesratssitzung am 28. November 2003 das Verbot der Käfighaltung von Legehennen ansprechen. Herr Ministerpräsident dankt Ihnen für Ihre E-Mails und hat mich aufgrund der großen Zahl der in dieser Thematik an ihn gerichteten Schreiben gebeten, Ihnen zu antworten. Die Landesregierung von Baden-Württemberg spricht sich für eine sachgerechte und praxisorientierte Weiterentwicklung des Tierschutzes im Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung aus. Diese muss nach unserer Auffassung aber möglichst EU-weit gemeinsam in allen Mitgliedstaaten erfolgen. Nationale Alleingänge werden nur zu einer weiteren Verlagerung der landwirtschaftlichen Produktion in andere Staaten mit geringeren Tierschutzstandards beitragen. Dies kann weder im Sinne der Tiere noch der Verbraucher sein. Die Landesregierung von Baden-Württemberg bekennt sich ausdrücklich zur Abschaffung der Legehennenhaltung in konventionellen Käfigen. Allerdings gibt es Berichte und Erfahrungswerte, die dafür sprechen, dass auch alternative Haltungssysteme für Legehennen aus der Sicht des Tierschutzes, des Umweltschutzes und des Verbraucherschutzes erhebliche Nachteile aufweisen können. Derzeit ist jedoch der Wissensstand über die möglichen Ursachen dieser Nachteile sowie über die sozioökonomischen Auswirkungen, die mit den verschiedenen Haltungssystemen verbunden sind, noch zu gering. Erst wenn die erforderlichen Erkenntnisse vorliegen, können die bestmöglichen Lösungen gefunden werden. Seit der Novellierung des Tierschutzgesetzes im Jahr 2001 besteht im dortigen § 13 a die Rechtsgrundlage zur Einführung von Prüfverfahren für serienmäßig hergestellte Stalleinrichtungen. Der Bundesrat hat nun am 28. November 2003 mit Zustimmung des Landes Baden-Württemberg gefordert, ein solches Prüfverfahren für alle Haltungssysteme für Legehennen verbindlich einzuführen. Diese Forderung wurde an den Ausstieg aus der Legehennenhaltung in konventionellen Käfigen gekoppelt. Hintergrund ist insbesondere, dass die EU und die Bundesregierung neue Berichte und wissenschaftliche Erkenntnisse zu den verschiedenen Hennenhaltungssystemen bereits angekündigt haben. Diese müssen sorgfältig analysiert werden, um in der Rechtsetzung angemessen berücksichtigt werden zu können. Positive Erfahrungen, die Länder wie die Schweiz oder Schweden bereits gemacht haben, sollten dabei ebenfalls genutzt werden. Die weitere Umsetzung liegt nun in der Hand der Bundesregierung. Wenn sie die Forderungen des Bundesrates zur Einführung eines bundesweit einheitlichen und verbindlichen Zulassungsverfahrens unverzüglich aufgreift, könnte ein Verbot konventioneller Käfige sogar noch vor Ende 2006 in Kraft treten. Für Ihren Einsatz für die Belange des Tierschutzes danke ich Ihnen. Mit freundlichen Grüßen gez. Luise Pachaly |